Jöhstadt, den 14.01.1984          

 

Z U M      A B S C H I E D !

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Nach Jöhstadt keucht zum letzten Mal

die kleine Bahn durch´s Preßnitztal ...

Sie war von Anfang an wohl gelitten

Ersatz für Fuhrwerk und Schlitten

vom Staat gebaut, die Not zu lindern

der Erzgebirgler samt den Kindern

ward sie begeistert aufgenommen

Seit 1892 fährt der Zug

und verkehrt auf 23 Kilometern

bekannt den Dörflern wie den Städtern

Nur 75 Zentimeter mißt die Spur

das weiß hier jeder

 

Der Bahnhof namens Wolkenstein

liegt in Tal und ist nicht grad klein

Die Bahn hier ihren Anfang nimmt

dann eine dritte Schiene kimmt

Die "große" Bahn wird mitbenutzt

als dann ´ne Brücke der Zschopau trutzt

Nun auf eigenem Gleise

dampft uns´re Bahn in alter Weise

und bimmelnd fährt sie nun alsbalde

in den Haltepunkt Streckewalde

Großrückerswalde folgt hernach

wo ein Kreuzungsgleis liegt brach

Niederschmiedeberg heißt der Ort

von wo sie bringt die Kühltruh´n fort

in Wagen von der großen Bahn

die kommen jetzt problemlos an

auf Rollfahrzeuge aufgesetzt

doch nimmt man nun wohl Container jetzt ...

Angeschlossen war´n noch mehr Fabriken

die kämpften mit des Transportes Tücken

Nach Oberschmiedeberg geht´s nun hinauf

doch es hemmt des Zuges Lauf

der Zustand uns´rer Gleisanlage

diese sah auch schon bess´re Tage !

Da gab es zwischen faulen Schwellen

auch noch ein paar heile Stellen

Steinbach heißt der Bahnhof nun ...

wo die Lok muß ausruh´n

Das Wasser läuft sehr or´ginell

aus einem Haus – nur nicht zu schnell

Schmalzgrube ist die Bahnstation

wo die treue Preßnitz verläßt uns schon

und im steilen Schwarzwassertal

wird´s für die Lok schon fast zur Qual

um Schlössel anzulaufen

Hier kann man ein Billet sich kaufen

für nur noch 30 Pfennige nach Jöhstadt hinauf

das wir erreichen mit viel Geschnauf

293 Meter an Höhe gewonnen

2 ½ Stunden sind fast verronnen

Die Lok am Schuppen Stärkung findet

für uns die Fahrt sich stets verbindet

mit der Landschaft unvergleichbar

die erlebnisreich stets war

mit den Lok der Bauart Meyer

die uns ganz besonders teuer

Überwindet des Gebirges Tücken

Über 52 Brücken

einzigartig ist die Strecke !

Das die Erinnerung sich stets decke

auch mit dem Lob der Eisenbahner -

deren Arbeit vergißt hier keiner

auch wenn er mit dem Bus hinfort

aus dem Erlebnis wird Transport !

 

Müssen wir von dieser Bahn wirklich noch scheiden

so soll´s die letzte sein für alle Zeiten

Laßt uns von der Schmalspur erhalten

die wenigen Reste

gebt dafür alle das Letzte und das Beste !

 

Dieses Gedicht entstand Anfang Januar 1984, als die Strecke von Wolkenstein nach Jöhstadt stillgelegt wurde. Diese Stillegung war der größte "Unsinn" der Verkehrspolitik der DDR, da selbst die RBD Dresden gegen die Stillegung votierte, aber schlichtweg von anderen staatlichen Organen übergangen wurde. Die Einwohner von Jöhstadt boykottierten auch die im Mai 1984 stattgefundene DDR-Volkskammerwahl.

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