Neuer S-Bahnzug für Berlin auf der Leipziger Frühjahrsmesse

im März 1987

  - Artikel aus der BZ am Abend vom 17. März 1987 -

Zug um Zug Qualität aus Hennigsdorf

Im Zug der Zeit - S-Bahn zum Verlieben !

                   ´87 gehen zwei "Zinnoberrote" in die Berliner Spur                   

L e i p z i g . Funkelnd blitzt sie auf dem Messegelände leuchtend zinnoberrot und anthrazit: Die neue Berliner S-Bahn aus dem VEB Lokomotivbau-Elektrotechnische Werke "Hans Beimler" Hennigsdorf.

 

Sowohl äußere Gestalt - komponiert, möchte man sagen, von Designern des Amtes für Industrielle Formgestaltung, des VEB Design-Projekt Berlin und aus dem eigenen Haus - als auch technische "Innereien" entstanden völlig neu: 36 eigene Patente stehen im LEW zu Buche, darunter viel Mikroelektronik in der Steuerung.

Sie schafft 90 km/h Höchstgeschwindigkeit, fährt sanft und rucklos an, beschleunigt dabei aber mehr als ein Drittel schneller als herkömmliche Triebfahrzeuge. Eine Gleichstromstellerausrüstung spart beim Bremsen Energie; rund 25 Prozent gehen ins speisende Netz zurück. Mit weiteren sieben Prozent durch Aluminium-Leichtbauweise fällt das ins Gewicht. Immerhin verbraucht die Berliner S-Bahn täglich rund 600 Megawattstunden.

Die mittlere Reisegeschwindigkeit wird einmal 44 km/h betragen. Wann man das alles selbst in Augenschein nehmen kann ? Schon bald in der Werner-Seelenbinder-Halle und noch in diesem Jahr in zwei kompletten Zügen auf den Gleisen (die Strecken stehen noch nicht fest). Sie werden keine "Eintagsfliegen" bleiben: Bis 1990 wollen die Lokbauer 182 Wagen produzieren, die je nach Bedarf zu Halb-, Dreiviertel- und Vollzügen zusammengestellt werden, täglich 700 000 Menschen sicher durch die Stadt zu rollen. Und die Hennigsdorfer sind plantreu - seit über 14 Jahren !

Werner Kurz vom Messestand des LEW: "Wir liegen ganz im internationalen Trend - leichtgewichtig, energiesparend, wartungsfreundlich. Eine Bresche schlagen möchte ich für die Farben. Wir würden unsere Bahn gern so zinnoberrot-anthrazit ins rechte Licht bringen für die Berliner !" -

Wir auch !", Renate Blechschmidt, Lehrerin in Köpenick, saß begeistert Probe auf den hellbraunen Polstern, öffnete und schloß verblüfft per Knopfdruck die Türen, war angetan von Helligkeit und Weite des Innenraumes, der breiter zu sein scheint, es ist aber tatsächlich nicht so, wie ihr Werner Kurz versichert.

Bekannt kommt einem nur noch die Heizung vor, alles andere ist neu !" Wnfried Müller, Elektromonteur und seit 1963 im LEW erzählt: "Holz, Chrom und Messing, bekannt aus zur Zeit 93 aktiven S-Bahn-Zügen, verschwanden völlig, machten mattweißem Sprelacart, weiß emaillierten Halbrundgriffen und gefälligem Schilfgrün an der Decke Platz. Hier spenden auch die beiden längs durch den ganzen Wagen reíchenden Leuchtröhrenbänder Licht. Vier Doppelschiebetüren pro Wagenseite mit großen Fenstern schnurren außen entlang; die "Schlummerecken" hinterm Türeingang verkleinern sich."

Winfried Müller geht bald zum Kundendienst ins Bahnbetriebwerk Grünau, wo die Neue betreut werden wird. Diese Woche noch trifft man ihn in Leipzig, wo er liebevoll "seine" Bahn ins rechte Licht rückt und vom neuen Innenleben erzählt.

 

Anne-C. Losensky   

Aus Hennigsdorf nach Leipzig gezogen, präsentiert sich die neue S-Bahn für Berlin (oben), Vergrößerte Fenster, Gepäckablagen wie in einem Flugzeug vermitteln ein neues Reisegefühl.

Taster ersetzen bisher übliche Türgriffe, mit denen man die Türen öffnen und auch schliessen kann. Während der Fahrt schliesst und verriegelt der Fahrer automatisch alle Türen (Foto links). Er nutzt einen "Bordcomputer" und hat wesentlich mehr Komfort in seiner Kabine (Foto rechts).

BZA-Fotos: Uwe Völkner

 

 

 

 

 

 

 

 

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