12.4 der Weg in das neue Jahrtausend

 

Dienstag, 27. November 2001
Wohlfühl-Express nach Malmö
Privatbahn setzt auf Service – Morgenzeitung ans Bett

Die Deutsche Bahn AG stieß den Malmö-Express ab, weil er nicht rentabel war. In Privathand floriert die Strecke: Das Fahrgastaufkommen stieg um das Zehnfache.

Sassnitz (ddp) Der Malmö-Express, Deutschlands erster und bislang einziger privat betriebener Fernreisezug, rollt auf dem Überholgleis. Seit mehr als einem Jahr pendelt der Nachtzug zwischen Berlin und Malmö (Schweden) dreimal in der Woche unter dem Logo der Eisenbahnbetriebsgesellschaft (EBG). Das Tochterunternehmen der Westfälischen Almetalbahn (WAB) hatte den Zugdienst im Sommer vergangenen Jahres gemeinsam mit der Schwedischen Staatsbahn von der Deutschen Bahn AG übernommen - und damit einen seiner bislang größten Unternehmenserfolge gelandet.

Der Zug über die deutsch-schwedische Königslinie auf der Ostsee sei nicht rentabel zu betreiben, verlautete seinerzeit aus der Vorstandsetage der Deutschen Bahn AG, die die Verbindung kurzerhand aus dem Fahrplan strich. Doch die Privatisierung des Malmö-Express zeigt, dass es offenbar doch geht. Mit bis zu 200 Reisenden werde der Malmö-Express heute fast zehn Mal so viel genutzt wie zu Bahn-Zeiten, sagt EBG-Chef Ludger Gutwein. Bei einer Auslastung von 100 Prozent im Sommer mussten sogar zusätzliche Reisewaggons angekoppelt werden. Und auch zur Winterszeit sei man mit einer durchschnittlichen Belegungsquote von 70 Prozent vollauf zufrieden. Der Malmö-Express schreibt seit Monaten schwarze Zahlen.

Das Geheimnis des Erfolgs sieht Guttwein vor allem im verbesserten Service. „Unsere Kunden werden im Malmö-Express wie Hotelgäste behandelt“, so der Unternehmer. Erstklassige Betreuung stehe obenan. In jedem Schlafwagen kümmert sich ein eigener Schaffner um die Wünsche der Reisenden. „Und da wird auch schon mal die Morgenzeitung direkt ans Bett im Abteil gereicht.“

Verbessert wurde auch der Fahrplan. Durch veränderte Abfahrzeiten könnten Reisende aus Skandinavien jetzt in Berlin günstigere Umsteigemöglichkeiten nach Süddeutschland und Südeuropa in Anspruch nehmen, sagt Guttwein. Nach einer Werbekampagne in Schweden nutzen jetzt deutlich mehr Geschäftsreisende den Nachtzug. Sogar Stamm-Fluggäste sollen auf den Malmö-Express umgestiegen sein.

Widerstand gegen den Privatzug hatte es zur Genüge gegeben. Weil sich die Deutsche Bahn lange Zeit gewehrt hatte, für das Projekt Lokomotiven zu vermieten, musste das Unternehmen eigene Triebwagen kaufen. Schlafwagen wurden kurzerhand aus Tschechien und der Slowakei geleast. Die in Frankfurt am Main ansässige Vermarktungsorganisation des Privatzuges hat inzwischen bei der Europäischen Union (EU) Beschwerde gegen die Deutsche Bahn AG eingereicht. Nach Angaben des Generaldirektors der EU-Wettbewerbsbehörde, Alexander Schaub, erwägt Brüssel kartellrechtliche Schritte gegen den deutschen Bahn-Konzern, weil er seine marktbeherrschende Stellung ausnutze.

Insgesamt 37 Probefahrten seien notwendig gewesen, bis das Eisenbahn-Bundesamt seine Zustimmung für den Einsatz der schwedischen Waggons gab. Weil die Bahn inzwischen auch den Tagzug von und nach Malmö von ihrem Fahrplan strich, erwägt die Westfälische Almetalbahn, demnächst auch diese Zugverbindung zu übernehmen. Für die von Leipzig über Berlin, Sassnitz und Trelleborg führende Zugverbindung gebe es eine große Nachfrage, heißt es. Guttwein kann sich weitere Übernahmen von Personenzügen vorstellen.

Erfindungsreich zeigt sich die WAB auch im Güterverkehr. Unter ihrer Regie fahren inzwischen täglich an die 50 Güterzüge durchs Land. „Wir bringen skandinavisches Holz über Lübeck nach Österreich und in die Schweiz, transportieren Baustoffe und beliefern Kraftwerke mit Brennstoffen.“

RALPH SOMMER

Eisenbahn-Liebhaber aus Prora betreibt Nachtexpress nach Malmö

Was die große Bahn AG nicht kann, machen ihr kleine Privatunternehmen vor: Wirtschaftlich arbeiten. Neuestes Beispiel: Der Nachtexpress nach Malmö.

Sassnitz (ddp/OZ) Kein großer Bahnhof in Sassnitz. Als gestern am frühen Morgen im Fährhafen Mukran auf Rügen der Malmö-Express auf das bereit stehende Fährschiff „Sassnitz“ rangiert wird, ist Ludger Gutwein der einzige Zuschauer. Dabei wird in diesem Moment ein Stück Bahngeschichte geschrieben: Erstmals ist ein privat betriebener Fernreisezug mit privater Lok durch Deutschland gerattert.

Ludger Gutwein ist Chef der Eisenbahnbetriebsgesellschaft (EBG), eines von bundesweit zehn privaten Bahnunternehmen, die bereits im Güterverkehr tätig sind und sich erst vor wenigen Tagen zu einem Netzwerk Privatbahnen zusammengeschlossen haben. Mit fast 100 modernisierten und fabrikneuen Lokomotiven bewegt die EBG derzeit täglich 50 Züge durch das Land. „Wir fahren Stahl vom Seehafen Wismar nach Brandenburg, bringen skandinavisches Holz nach Österreich und in die Schweiz und beliefern RWE-Kraftwerke mit Brennstoffen“, sagt Gutwein. Die Zahl seiner Kunden steige ständig.

Mit inzwischen 250 Beschäftigten gehört das Unternehmen offenbar zu den Gewinnern einer krisengeschüttelten Branche. Das Interesse der Wirtschaft an kleinen Bahnunternehmen wächst. Die oft unbürokratische und dezentrale Bestellung von Waggons, die Pünktlichkeit der Züge und das Reagieren auf Sonderwünsche werden von der Industrie ebenso geschätzt wie die im Vergleich zur Bahn AG mitunter günstigeren Tarife.

Mit der Übernahme eines Nachtzuges des renommierten Malmö-Express' hat die EBG ihr Aktionsfeld nun auch auf den Personenfernverkehr ausgeweitet. Die Bahn AG habe den zuletzt nachts nur wenig angenommenen Zug von Berlin nach Malmö aus finanziellen und personellen Gründen aus dem Fahrplan gestrichen, sagt Gutwein. Die Schwedische Staatsbahn aber wollte die Nachverbindung über die Mukran-Fähre unbedingt erhalten und habe daraufhin nach einem privaten Partner in Deutschland gesucht.

Gutwein mietete kurzerhand von der tschechischen und slowakischen Bahn bequeme Schlafwagen, kaufte moderne E-Loks und sprang in die Lücke ein. Der leidenschaftliche Bahnliebhaber ist sich sicher, dass sich die vorerst auf ein Jahr befristete Zugübernahme rechnen wird. Er glaubt, dass künftig wieder mehr Reisende den Nachtzug nach Schweden in Anspruch nehmen werden. Denn die Fahrkarten dafür können nun nicht mehr nur an den Fahrkartenschaltern, sondern auch in allen Reisebüros gekauft werden. Zudem setzt man auf erhöhten Reisekomfort. Imbiss, Getränkeservice und ein aktuelles Zeitschriftenangebot sollen in jedem Reisezug zur Norm gehören.

Der Vorstoß des Seiteneinsteigers wird mit großem Interesse verfolgt. Edith Vahl, Pressesprecherin der DB AG in Schwerin: „Kleine Regionalbahnen können besser auf den regionalen Markt reagieren, ihre Angebote entsprechend gestalten. Wir überlegen deshalb, bundesweit über 30 Tochtergesellschaften zu gründen.“ Der Schweriner SPD-Verkehrsexperte Claus Gerloff forderte sogar, das Land müsse subventionierte Strecken neu ausschreiben und sich auch für den Fernverkehr einen neuen Partner suchen. „Die Deutsche Bahn AG hat sich als nicht verlässlich erwiesen.“

R. SOMMER/M. ST.

Wochenendausgabe, 23./24. September 2000
Nachts rollt kein Zug mehr durch Greifswald
Malmö-Express fährt zum letzten Mal

Morgen Früh wird der Malmö-Express das letzte Mal in Greifswald Station machen. Seit 1909 gibt es diese Verbindung, die seit jeher eine reine Saisonverbindung war.

Greifswald (OZ) Der private Betreiber „Georg Verkehrsorgabnisation GmbH“, Frankfurt/M. will zwar die Verbindung übernehmen, allerdings ohne Halt in Vorpommern und nur noch an drei Tagen. Da der Zug über Neubrandenburg verkehren soll, wird der Bahnhof der Hansestadt nachts verwaist sein.

Auf einer Pressekonferenz in Berlin erläuterte Rolf Georg sein Konzept. Er will nur noch schwedische Schlaf- und Liegewagen einsetzen. Diese sind aber breiter als deutsche Wagen und so nicht freizügig einsetzbar. Sitzplatzreisende sind gar nicht vorgesehen.

Das Aus für den Malmö-Express kommt nicht von ungefähr. Seit Jahren wurde von der Bahn AG jegliche Werbung für Züge nach Skandinavien über Sassnitz-Mukran vernachlässigt. Noch im Sommer 2000 wurden Auskünfte (z.B. von Dresden nach Malmö) nur für die längere Verbindung über Hamburg-Lübeck-Kopenhagen erteilt. Ebenso werden Reisende von Norwegen nach Berlin statt auf die kürzere Fährverbindung Trelleborg-Sassnitz auf Fahrten über Dänemark und Schlewig-Holstein verwiesen. Selbst bei Verbindungen speziell für den D 318 zum Fährhafen Sassnitz wurden Auskunftssuchende gebeten, ab Stralsund ein Taxi zu nutzen. In Stralsund endet der Binnenteil des Zuges. Es wurde nicht gesagt, dass der Kurswagenteil noch in Bergen und Sassnitz Verkehrshalte hat.

Wenn der Nachtzug jetzt schnell in Vergessenheit gerät, haben sich auch unsere Politiker des Problems entledigt. Bereits seit 1990 wird so im Land der Schienenverkehr organisiert. Ohne Fernverkehrsanbindung und Verbindungen in den Tagesrandlagen ist auch die gewollte Vorpommern-S-Bahn nur ein vom Steuerzahler finanziertes teures Prestigeobjekt. Eine solche vom übrigen Verkehr isolierte Bahn (zumal Sassnitz -Swinemünde keine Reisehauptverbindung ist) wird sich nie wirtschaftlich selbst tragen können.

ANDREAS HENKE

Wochenendausgabe, 19./20. August 2000
730 000 Mark im Jahr könnten Express retten
Zug Berlin-Malmö ab Herbst privat

Ein privater Betreiber übernimmt ab Herbst den sogenannten Malmö-Express von Berlin nach Schweden. Ein Stopp in Greifswald ist allerdings nicht geplant. Es gibt da aber noch so eine Möglichkeit.

Vorpommern (OZ) „Es tut mir sehr leid für ihre Region“, sagt Rolf Georg, Chef der Georg Verkehrsorganisation GmbH (GVG). „Aber das würde sich wirklich nicht lohnen.“

Das Unternehmen, das seinen Sitz in Frankfurt/M. hat, übernimmt ab Herbst den Malmö-Express von Berlin nach Schweden, der von der Deutschen Bahn AG wegen Unrentabilität eingestellt wird. Als erste Fernverbindung in Deutschland wird sie privat betrieben. Die GVG ist auf internationale Zugverbindungen spezialisiert. Während der Malmö-Express derzeit noch in Pasewalk, Greifswald und Stralsund Station macht, gibt es ab Herbst keinen Halt mehr zwischen Berlin und Sassnitz. Mit 120 Kilometern pro Stunde passiert der Express die Bahnhöfe. So ist der derzeitige Stand.

Rolf Georg muss als privater Unternehmer knallhart kalkulieren. Auch wenn er noch so gut versteht, dass die Ängste vor eine verkehrstechnischen Abkopplung Nordostdeutschlands vom Rest der Welt groß sind. Er hat nichts zu verschenken. Ein zusätzlicher Stopp in der Hansestadt Greifswald würde ihn pro Fahrt etwa 1000 Mark kosten, rechnet er vor. Am Tag wären das 2000 Mark. Pro Haltepunkt verlangt die Deutsche Bahn, der das Streckennetz gehört, Gebühren zwischen 20 und 180 Mark. Dazu kommen Energiekosten. Der Zug verbraucht viel mehr, wenn er anhält und dann mühsam wieder anfährt. Die Fahrzeit würde sich verlängern und entsprechend höhere Kosten verursachen. Der teuerste Punkt wäre aber ein extra Wagenpark, den Georg anschaffen müsste, wenn er zwischen Berlin und Sassnitz Haltepunkte einrichten würde. Da er den Zug von Berlin nach Malmö durchfahren lässt, hält er ausschließlich Schlaf- und Liegewagen vor. Für Fahrer einer kurzen Strecke müssten aber Sitzabteile angeboten werden. „Die Unkosten bringen die wenigen Fahrgäste, die beispielsweise in Greifswald aussteigen, nicht ein. Zumal die meisten mit der Bahncard fahren“, sagt der Unternehmer.

Dennoch ist vielleicht das letzte Lied noch nicht gesungen. Denn wenn sich jemand finden würde, der für die Auslagen aufkommt, würde Georg sofort einen Haltepunkt in Greifswald einrichten. „Falls ihr Oberbürgermeister kommt und sagt, ich lege die 730 000 Mark pro Jahr auf den Tisch – kein Problem, dann mache ich das sofort“, bekräftigt er mehrmals.

Kritik an der Streichung des Malmö-Express hat es reichlich gegeben. Von der Kommunalen über die Landes- bis zur Bundesebene haben sich Politiker dagegen ausgesprochen. Nun liegt ein konkretes Angebot auf dem Tisch. Vielleicht finden sich ja alle, die sich in der Kritik einig waren, gemeinsam bereit, einen Halt des Malmö-Express in Greifswald zu finanzieren.

S. ZSCHÄCKEL

Wochenendausgabe, 24./25. Juni 2000
Definitives Aus für den Malmö-Express
Ersatzverbindung unklar, aber noch nicht ausgeschlossen

Als Aktiengesellschaft ist die Deutsche Bahn in erster Linie an Gewinnen interessiert. Momentan fährt sieVerluste ein und will deshalb sparen. Auch in Vorpommern, wo hohe Defizite zu verzeichnen seien.

Greifswald (OZ) „Für das geringe Verkehrsaufkommen bleibt Greifswald hervorragend angebunden.“ Mit diesen Worten nahm Horst Gibtner, Beauftragter der Konzernleitung der Deutschen Bahn AG für unser Land, gleich allen Hoffnungen den Wind aus den Segeln. Mehr Züge werden keinesfalls nach und in Vorpommern eingesetzt. Eher weniger.

Der Wirtschaftsrat der CDU, Sektion Ostvorpommern, hatte den Bahn-Experten eingeladen – übrigens war Gibtner der letzte DDR-Verkehrsminister im Kabinett de Maiziere. Die neuesten Nachrichten aus der Konzernzentrale der Deutschen Bahn über hohe Verluste und daraus resultierende Sparzwänge und die Meldung, dass der Malmö-Express ab Herbst um unsere Region einen Bogen macht, hatten den Ausschlag für die Einladung gegeben.

Neben einigen Verbesserungen, die im innerländlichen Nahverkehr zu verzeichnen seien – beispielsweise fährt nun ein durchgehender Zug nach Rostock im Stundentakt – bestätigte Gibtner aber auch die Einschränkung im Fernverkehr. Der Malmö-Express wird definitiv mit dem neuen Herbstfahrplan nicht mehr fahren. „Diese Verbindung bringt wahnsinnige Verluste ein. Die meisten Fahrgäste nutzen außerdem die Sondertarife.“ Ob damit tatsächlich der letzte Zug aus Berlin in Richtung Ostsee schon vor 20 Uhr abfährt, sei noch nicht klar. Eine Arbeitsgruppe, die sich derzeit konstituiert, wird beraten, ob es einen Ersatzzug gibt. Sie wird die Effizienz jeder einzelnen Strecke durchrechnen. Die Abstimmung zwischen Nah- und Fernverkehr sei derzeit noch nicht optimal, meint Gibtner. Zum Beispiel fahren zwischen 19 und 20 Uhr allein drei Züge von Berlin nach Greifswald und nehmen sich gegenseitig die Fahrgäste weg.

Ob er sich vorstellen könnte, was es bedeuten würde, wenn der Frühzug nach Berlin und der Nachtzug aus Berlin wegfielen, wurde Gibtner von einem Professor der Universität gefragt. „Viele Kollegen fahren mit dem ersten Zug zu Tagungen und kommen mit dem letzten zurück. Fallen sie aus, müssten sie zwei Übernachtungen buchen.“ Das könne nicht sein, versuchte der Mann von der Uni den von der Bahn zu überzeugen. Doch die Bahn als Wirtschaftsunternehmen muss anders rechnen und kann keine Daseins-Vorsorge betreiben, entgegnet Gibtner. „Das ist eine Sache des Gesetzgebers. Sie müssen bis in die höchsten politischen Kreise Ihr Anliegen deutlich machen“, rät er den Anwesenden. Die Gebietskörperschaften und Institutionen könnten sich direkt an das Wirtschaftsministerium wenden, zu dessen Kompetenzbereich der Schienen-Nahverkehr gehört, der dann mit dem Fernverkehr abgestimmt wird.

S. Z.

Donnerstag, 15. Juni 2000
CDU fordert Erhalt des Malmö-Express
„Die Bahn darf Vorpommern nicht abhängen“

Greifswald (OZ) Die CDU-Fraktion in der Bürgerschaft hat den Erhalt des sogenannten Malmö-Expresses gefordert und sich damit hinter das Konzil der Universität gestellt, das gegen Pläne der Deutschen Bahn protestiert, den Nachtzug von Berlin via Greifswald zu streichen.

„Wenn man die Verkehrspolitik der Deutschen Bahn bezogen auf unser Vorpommern betrachtet, könnte fast der Eindruck entstehen, hier soll eine ganze Region vom Rest des Landes abgehängt werden“, empörte sich Fraktionsvorsitzender Arthur König.

Bereits im vergangenen Jahr war die Intercity-Verbindung Greifswald – Basel eingestellt worden. Einwände von Stadt und Land hatten lediglich den Einsatz eines InterRegio an Sonntagen zur Folge.

„Gerade die Erreichbarkeit des Vorpommerschen Raumes und der Hansestadt Greifswald von Berlin aus hat für die Region höchste Priorität“, betonte König. „Wie“, fragte er, „sollen Studenten, die aus ganz Deutschland nach Greifswald kommen, ihr Reiseziel erreichen können, wenn eine Verbindung nach der anderen gekappt wird?“ Das Verhalten der Bahn wirke sich auch negativ auf den Tourismus aus, da viele Urlauber inzwischen den Zug als Transportmittel schätzen gelernt hätten.

Die CDU-Bürgerschaftsfraktion plant, gemeinsam mit anderen Fraktionen eine Erklärung abzufassen, die den Erhalt der Nachtzug-Verbindung zum Ziel hat. In die Pflicht genommen werden soll dabei neben der Deutschen Bahn AG auch die Bundesregierung. „Wenn die Bundesregierung ihren ökologischen Anspruch nicht ganz verwirken will, muss sie hier entgegensteuern und die geplante Stillegung dieser für uns so wichtigen Bahnverbindung verhindern“, meint König.

Der Malmö-Express soll bereits im September nicht mehr verkehren. Reisende nach Schweden sollen dann über Hamburg und den Öresund-Kanal an ihr Ziel gelangen. Mit der Stilllegung der Zugverbindung verkürzt sich für Bahnreisende der Berlin-Aufenthalt. Einen Nachtzug wird es dann nicht mehr geben. Der letzte Zug nach Greifswald verlässt noch vor 20 Uhr Lichtenberg.

Mittwoch, 14. Juni 2000
Malmö-Epress soll nicht mehr in Greifswald halten
Letzte Bahn ab Berlin um 20 Uhr / Konzil protestiert dagegen

Können Sie sich vorstellen, dass der letzte Zug von Berlin nach Greifswald schon vor 20 Uhr fährt? Das Konzil der Uni kann es nicht und will gegen die Pläne der Bahn, den Nachtzug zu streichen, vorgehen.

Berlin/Greifswald (OZ) Wer zu nächtlicher Stunde von Berlin nach Greifswald mit dem Zug fährt, weiß sich in guter und vor allem zahlreicher Gesellschaft. Wissenschaftler und Studenten der Greifswalder und Stralsunder Hochschulen nutzen die letzte Gelegenheit, um noch um 23.08 Uhr aus der Hauptstadt in Richtung Ostsee zu kommen. Doch ab September ist damit Schluss. Die Bahn nimmt den sogenannten Malmö-Express über Greifswald und Sassnitz nach Malmö aus dem Fahrplan. Reisende nach Schweden gelangen ab Herbst über Hamburg und den Öresund-Kanal an ihr Ziel. Aus Sicht der Fahrgäste, die tatsächlich bis nach Malmö wollen, ist die Änderung der Route egal.

Doch die meisten Fahrgäste des Malmö-Express steigen schon vorher aus. Wer ab September per Bahn von Berlin nach Greifswald oder Stralsund fahren will, muss spätestens kurz vor 20 Uhr die Hauptstadt verlassen. Dann fährt vom Bahnhof Lichtenberg aus der letzte Zug ab.

In umgekehrter Richtung ist die Streichung des Malmö-Express genauso ein Verlust. Morgens um 3.48 Uhr macht der Express Station in Greifswald. Um 6.12 Uhr erreicht er die Hauptstadt. „Genügend Zeit, um die Flugzeuge in alle Welt oder Züge in weiter entfernte Regionen Deutschlands zu erreichen“, sagt Prof. Georg Meyer. Mindestens alle zwei Wochen ist er in Forschungsprojekten oder auf Kongressen für die Universitäts-Zahnklinik auf Reisen. Deutschlandweit hat sie sich einen guten Ruf erabeitet. Da sei ständige Präsens auf dem nationalen und internationalen Parkett sehr wichtig, weiß der Professor. Auf dem Bahnhof habe er viele Kollegen von der Uni getroffen, die in ähnlicher Mission unterwegs sind. Doch wenn nun der erste Zug ab Greifswald erst gegen 8.30 Berlin erreicht. Und dann auch noch den Bahnhof Lichtenberg, von wo es noch einmal viel Zeit bis zu den Flughäfen braucht. „Dann ist jeder Flieger weg“, erklärt Meyer. Er gehört auch zu jenen, die nach Kongressen und Foren die späte Möglichkeit nutzen, um von Veranstaltungen im Ausland wieder nach Hause zu kommen. Ab September muss er dann die Nacht im Hotelzimmer verbringen. Oder aufs Auto umsteigen. „Und das, wo die Grünen in der Regierung sind“, empört sich der Professor. Eigentlich hatte er sich ganz und gar aufs Bahnfahren eingestellt.

Als Präsident des Konzils verfasst Prof. Georg Meyer im Namen des höchsten universitären Gremiums nun Briefe. An Bahnchef Mehdorn. An lokale Politiker, die auf der Bundesebene vertreten sind wie Ulrich Adam und Tilo Braune. Es darf nicht sein, dass eine Universitätsstadt so abgeschnitten wird – so lautet die Forderung. Dahinter steht das ganze Konzil, weil ein großer Teil der Professoren und der Studentenschaft betroffen ist. „Wir haben viele Studenten, die von sehr weit her kommen“, erklärt Meyer. Für die entwickelt sich die Anreise zur Strapaze. Noch besteht Hoffnung, dass die Universität mit ihrem Anliegen Gehör findet. Der Nachtzug müsse ja nicht bis Malmö durchgehen. Aber bis Stralsund sollte er schon fahren.

S. Z.

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